Das ist Teil 2 der Serie, hier geht es zu Teil 1.
Gott begegnen
Endlich war es soweit. Ich war auf dem Weg nach Toronto für fünf Monate in Gottes Gegenwart in der School of Ministry (SOM). Ich hatte Geld gespart, für dieses halbe Jahr Freiraum gesorgt und war echt gespannt, was Gott so für mich hätte.
Juhu
Ganz ehrlich, diese Schule war das Tollste, was mir passieren konnte. Knapp 60 Leute, die nur eins wollten – mehr von Gott. Täglich mindestens eine lange Lobpreiszeit, in der man richtig in Gottes Gegenwart abtauchen konnte. Intensive Begegnungen mit Gott, Salbung und Gottes Gegenwart, manchmal sogar Seine spürbare Herrlichkeit. Es war so cool, so wohltuend, im wahrsten Sinne des Wortes zum Heulen schön!
Die Inhalte waren eine Woche Gottes Stimme hören, eine Woche Prophetie – und ja, ich merkte, ich kann Seine Stimme hören, für mich und für andere (für mehr dazu schaue dir doch auch die Artikelserie zu Prophetie an). Es ging um das Dienen im Geist, um Salbung und wie man voll wird von Gott, um die Offenbarung Seines Vaterherzens, um innere Heilung.
Es war eine Zeit der Heilung, Gott sprach so viel mit mir, heilte Verletzungen, offenbarte mir Seine Liebe, zeigte mir meine Begabungen, schärfte meine Sinne für Sein Wirken. Da war so viel.
Ein hartes Herz
Und dennoch. Wenn ich zuschaute, wie intensiv die anderen Gott begegneten, wenn ich regelmäßig half, andere Schüler von der Gemeinde nach Hause zu tragen, weil sie voll von Gottes Herrlichkeit nicht mehr stehen konnten, wenn Gottes Gegenwart so schwer auf jemandem ruhte, dass wir ihn nicht mehr heben konnten, wenn einige Gott nicht nur spüren, sondern auch göttlichen Geruch wahrnahmen, wenn Gott sich sichtbar manifestierte und Menschen Öl und Goldstaub auf den Händen hatte (gut, das hatte ich auch, aber trotzdem …), auf jeden Fall schienen die anderen viel mehr von Gott zu bekommen als ich!
Ich fragte Gott, wieso das so wäre. Ich war so hungrig nach mehr von Ihm, dass ich jeden Morgen zwei Stunden vor den anderen aufstand, um Gott zu suchen. Ich hatte viel Zeit, um mit Gott zu reden. Aber ich spürte fast nichts. Da war Frieden, Gott benutzte mich auch, es war Salbung und Kraft da, aber diese intensive spürbare Erfahrung, von der so viele meiner Mitschüler berichteten, die hatte ich nicht.
Aber Gott antwortete und erklärte mir, dass um mein Herz eine richtig harte Schale, wie eine Mauer aus lauter Verletzungen war. Die schirmte mich relativ wirkungsvoll vor weiteren Verletzungen ab, aber leider auch vor Gottes Liebe. Und Gott ging in diesen Prozess der Wiederherstellung mit mir. Jeden Tag zeigte Er mir weitere Verletzungen, die jeweils wie ein Stein in der Mauer um mein Herz waren. Kleine und große Verletzungen, Dinge, die meine Eltern (meist unabsichtlich) falsch gemacht hatten, Wunden, die mir meine Klassenkameraden, Lehrer und Arbeitskollegen zugefügt hatten. Vieles, was schmerzte und meinen Entschluss, niemanden zu nahe an mich heranzulassen, weiter bestärkt hatte. Jetzt war es Zeit, diese schmerzlichen Erfahrungen bei meinem himmlischen Papa abzugeben, zu vergeben und Seine Heilung zu empfangen.
Der Durchbruch
Was mich so erstaunte, war, dass ich so viele Verletzungen hatte. Klar, von einigen wusste ich, aber eigentlich hatte ich eine tolle Familie, christliche Eltern, eine behütete Kindheit, nichts besonders Schlimmes auf jeden Fall. Ich merkte, wenn alles scheinbar gut ist, fällt es besonders schwer, die Schwierigkeiten zu erkennen. Da konnten Mitschüler, die vergewaltigt oder emotional missbraucht worden waren, die Verletzungen leichter identifizieren. Ich bin froh, dass solche schlimmen Dinge bei mir nicht waren, aber mein Herz hatte dennoch zugemacht. Für Gott ist es einerlei, Er kann beides heilen – Gott sei Dank!
Es dauerte bis einen Monat nach der Schule, bis ich mit Gott die Mauer abgebaut hatte. Dann, eines Tages, war ich durch! Ich lag gerade auf dem Boden und soakte (dazu gibt es bald eine Serie) und ganz plötzlich strömte Gottes Liebe völlig ungehindert durch mich durch. Ich spürte Seine Gegenwart und Liebe, PLATSCH, richtig in den Strom hinein geschmissen (wenn dir das fremd ist, lies mal Hesekiel 47). Ich sage dir, es war alle Schmerzen und alles Leid wert. Gott ist so toll und es ist das Größte, Beste, Kostbarste und Wunderbarste, Seine Liebe und Gegenwart zu spüren!
Von da an wurde ganz vieles anders. Zum Beispiel konnte ich wieder weinen. Mir fiel dann erst auf, dass ich seit Beginn meiner Pubertät nur einmal geweint hatte (da hatte jemand meine Grenzen so stark strapaziert, dass ich wirklich zusammenbrach und heulte). Selbst als eine Mitschülerin von mir starb (ich war vielleicht elf oder zwölf?), konnte ich nicht weinen, obwohl mein Verstand wusste, dass es echt schlimm und ein Grund zur Trauer gewesen wäre. Jetzt heulte ich bei jeder Kleinigkeit :-)! Ich schrieb an der Uni meine Abschlussarbeit über Johanna Spyri – Heidi. Sehr zu empfehlen, ein total tiefes Buch (also Original-Buch, nicht irgendeine schnulzige Fernsehproduktion), in dem auch ganz viel von Gottes Wesen sichtbar wird, Johanna Spyri schrieb ja aus einer christlichen Weltsicht heraus. Auf jeden Fall las ich das Buch und viele andere von ihr beispielsweise im Zug und musste regelmäßig heulen!
Und du?
Wie ist es bei dir? Kennst du Gott? Hast du Seine Liebe schon so gespürt? Kennst du das überwältigende Gefühl Seiner Gegenwart und die Schwere Seiner Herrlichkeit, die wie eine Decke auf dir lastet? Hast du Gott schon an die Verletzungen deines Herzens heran gelassen?
Ich lade dich ein, das heute zu tun. Bitte Gott, dir Seine Liebe zu offenbaren. Bitte Ihn, den großen Gärtner, mit dir in deinen Lebensgarten zu gehen und ihn aufzuräumen, Verletzungen zu heilen, Wurzeln der Bitterkeit herauszuziehen. Lass dir von Ihm zeigen, was dran ist, was dich und andere verletzt. Vergib den Menschen, die dir weh getan haben (wenn dir das schwer fällt, bist du in guter Gesellschaft. Hier ist ein großartiger Buchtipp dazu: John Arnott – Von der Wichtigkeit der Vergebung, den ich dir SEHR ans Herz legen kann. Wie man in Kanada sagte: It’s worth a million bucks!) und lasse dich auf das Wagnis ein, wieder zu vertrauen. Gott wird dir helfen, Er freut sich riesig, wenn du heil wirst und deine Umwelt wird es auch zu schätzen wissen 🙂
Schreibe mir gerne in den Kommentaren. Sei gesegnet!
Christian
PS: Vielleicht kommt noch Teil 3.
3 Kommentare
WoW, als ich Ihren Beitrag gelesen hatte, musste ich weinen.
Tatsächlich ist es meiner Meinung das wichtigste Thema nach der Bekehrung, das behandelt werden sollte. Ich habe viele Jahre als Christ ein sehr schwaches Glaubensleben geführt und kaum Interesse an Gott gehabt. Tatsächlich rührte dies jedoch dahin, dass mehr Religion im Gottesdienst war, als seine Liebe zu erfahrungen. Wie bei Ihnen gab es bei mir ein dicker Panzer der Schmerzen, der jeglichen Empfang der Gottesliebe verhinderte. Schade das ich diesen Artikel nicht vor 4 Jahren gefunden habe, dies hätte sehr wahrscheinlich mich für immer verändert (ich habe nie das eigentliche Probleme erkannt, warum ich GOtt nicht richtig lieben und gehorchen konnte, dass es an den ganzen Verletzungen lag).
Gott segne sich, bitte machen Sie weiter, dass andere Christen von dieser Befreiung der Ketten erfahren.